- Quaternionengruppe
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In der Gruppentheorie ist die Quaternionengruppe eine nicht-abelsche Gruppe der Ordnung 8. Sie wird häufig mit dem Symbol Q8 bezeichnet. Ihren Namen erhält sie daher, dass sie aus den acht Elementen
im Schiefkörper der Hamiltonschen Quaternionen besteht.
Inhaltsverzeichnis
Definition
Die Quaternionengruppe ist die achtelementige Menge
mit der Verknüpfung
, die neben den üblichen Vorzeichenregeln die folgenden Relationen erfüllt:
.
Diese Regeln wurden von William Rowan Hamilton gefunden.[1] Daraus ergibt sich folgende Verknüpfungstafel:
1 -1 i -i j -j k -k 1 1 -1 i -i j -j k -k -1 -1 1 -i i -j j -k k i i -i -1 1 k -k -j j -i -i i 1 -1 -k k j -j j j -j -k k -1 1 i -i -j -j j k -k 1 -1 -i i k k -k j -j -i i -1 1 -k -k k -j j i -i 1 -1 Eigenschaften
Die Quaternionengruppe Q8 ist nicht abelsch, da beispielsweise
gilt. Zusammen mit der Diedergruppe D4 sind dies bis auf Isomorphie die beiden einzigen nicht-abelschen Gruppen mit acht Elementen.
Die Gruppe Q8 ist zudem eine hamiltonsche Gruppe: sie ist zwar nicht-abelsch, aber dennoch ist jede Untergruppe ein Normalteiler. Jede hamiltonsche Gruppe hat eine zu Q8 isomorphe Untergruppe.
Der Schiefkörper
der Hamiltonschen Quaternionen besteht aus dem reellen Vektorraum mit Basis
und der Multiplikation, die die obige Multiplikationstabelle bilinear fortsetzt.[2] Umgekehrt können wir ausgehend vom Schiefkörper
die Quaternionengruppe definieren als die von den Elementen
gebildete Untergruppe.
Man kann Q8 auch als Untergruppe der allgemeinen linearen Gruppe
darstellen durch die Matrizen
und
und
.
Eine Anwendung der Quaternionengruppe ergibt sich in der synthetischen Geometrie. Dort dienen Quasikörper als Koordinatenbereiche einer affinen oder projektiven Ebene und es zeigt sich, dass einer der kleinsten Quasikörper, der kein Schiefkörper ist und über dem sich daher nichtdesarguesche Ebenen ergeben, eine zu Q8 isomorphe multiplikative Gruppe hat. → siehe Ternärkörper.
Automorphismen
Als Automorphismus (hier von
) gilt eine bijektive Abbildung
, bei der die Multiplikation homomorph behandelt wird, d. h.
.
Da die Ordnung von Gruppenelementen hierbei erhalten bleibt, müssen
als einzige Elemente mit Ordnung 1 bzw. 2 festbleiben. Dagegen können die 3 imaginären Einheiten
jeweils in eine andere überführt werden. Genauer: die erste, sagen wir
, hat alle 6 Ecken
dieses Oktaeders zur Auswahl, das Negative dieses Werts muss dann dem „Antipoden“
zugeteilt werden. Bleiben für die zweite, sagen wir
, noch 4 Ecken. Danach sind die restlichen Zuordnungen festgelegt: Antipode
wie auch
wegen
(diese Orientierung verbietet die Spiegelungen s. u.) und dessen Antipode
. Es gibt also 6·4 = 24 Automorphismen, die in eineindeutiger Korrespondenz zu den Drehungen des besagten Oktaeders stehen. Somit ist die Automorphismengruppe
isomorph zur Drehgruppe des Oktaeders, die wiederum zur symmetrischen Gruppe S4 isomorph ist.
Eine elegante Realisierung von
im Kontext der Quaternionen findet sich in Hurwitzquaternionen.
Die inneren Automorphismen von
werden durch die
modulo dem Zentrum
vermöge
vermittelt. Sie bilden die Gruppe
isomorph zu
, die zur kleinschen Vierergruppe V isomorph ist.
Die Konjugation als Spiegelung an der reellen Achse, die hier gleichzeitig die Inversionsabbildung darstellt, ist antihomomorph,[3] d. h.
und auch
,
und wird deshalb als involutiver Antiautomorphismus bezeichnet.
Verallgemeinerte Quaternionengruppe
Die Quaternionengruppe Q8 lässt sich wie folgt durch Erzeuger und Relationen präsentieren:
.
In obiger Schreibweise gilt x = i und y = j.
Die verallgemeinerte Quaternionengruppe Q4n der Ordnung 4n für
erhalten wir durch folgende Präsentation über Erzeuger und Relationen:
.
Die verallgemeinerten Quaternionengruppen gehören zu der noch größeren Familie der dizyklischen Gruppen.
Siehe auch
- Lipschitzquaternionen
- Hurwitzquaternionen
- 16-Zeller in der englischen Wikipedia
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ William Rowan Hamilton. Einritzung in einen Stein der Broom (auch: Brougham) Bridge. Dublin, 1843.
- ↑ Hans-Dieter Ebbinghaus et al.: Zahlen. Grundwissen Mathematik, Bd. 1. Springer-Verlag, Berlin, Heidelberg, New York, Tokio 1983. S. 138–154. ISBN 3-540-12666-X
- ↑ Eric W. Weisstein: Antihomomorphism. In: MathWorld. (englisch)
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