Boreas
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Boreas entführt Oreithyia.
(Detail einer rotfigurigen Oinochoe aus Apulien, ca. 360 v. Chr., Louvre in Paris)Boreas (gr. Βορέας, Boréas = „der Nördliche“) war in der griechischen Mythologie die Personifikation des winterlichen Nordwinds. Er war der Sohn des Titanen Astraios und der Göttin Eos und wurde zusammen mit seinen Brüdern, den Anemoi Euros (Ostwind), Notos (Südwind) und Zephyros (Westwind) verehrt.[1]
Inhaltsverzeichnis
Mythos
Boreas entführte die Nymphe Oreithyia, Tochter des Erechtheus, eines mythischen Königs von Attika. Er brachte sie in seine Heimat Thrakien, wo sie ihm die Söhne Kalaïs und Zetes und die Töchter Kleopatra und Chione gebar.[2][3] Außerdem zeugte Boreas in Pferdegestalt mit den Stuten des dardanischen Königs Erichthonios zwölf Fohlen, denen man nachsagte, sie könnten über ein Kornfeld galoppieren, ohne die Halme zu knicken.[4]
Die Griechen glaubten, dass Boreas in Thrakien lebte, wo er gleichermaßen verehrt wurde. Herodot und Plinius beschreiben beide das Land Hyperborea („jenseits des Nordwinds“), in dem die Menschen bis ins hohe Alter in vollständigem Glück leben. Claudius Aelianus zufolge soll Boreas mit Chione drei riesenhafte Brüder gezeugt haben, Herrscher von Hyperborea und Priester des Apollon.[5]
Schließlich soll Boreas auch der Vater des Butes und seines Stiefbruders Lykurgos gewesen sein.[6] Die Nachkommen des Boreas werden als Boreaden bezeichnet.
Kult
Als das antike Athen vom persischen König Xerxes angegriffen wurde, betete das Volk zu Boreas. Er schickte darauf starke Winde, in denen vierhundert persische Schiffe sanken. Hierdurch erlangte Boreas den Status eines Schutzpatrons von Athen und ihm und der Oreithyia wurde ein Heiligtum am Ufer des Ilissos geweiht.[7][8]
Darstellung
Sowohl die Stelle bei Homer, derzufolge Boreas in Gestalt eines Hengstes die Stuten des Erichthonios besprang,[4] als auch seine und der anderen Windgötter enge Beziehung zu Pferden[9] und die Darstellung der vier Anemoi als Quadriga des Zeus[10] legen nahe, dass Boreas wie andere Windgötter ursprünglich auch pferdegestaltig gedacht wurde.
In den überlieferten Darstellungen (der Raub der Oreithyia war ein beliebtes Thema der attischen Vasenmalerei), wurde er meist als bärtiger Mann mit Flügeln an den Schultern und Füßen dargestellt. Ein Relief auf dem bekannten Turm der Winde (Horologium des Andronikos) in Athen zeigt auf dessen Nordseite den Boreas als beflügelten alten Mann in einem schweren Gewand und mit einem von Eiszapfen umrahmten Bart, wie er den eisigen Wind durch eine gedrehte Muschelschale bläst.
Boreas und Aquilo bei den Römern
Sein Äquivalent in der römischen Mythologie war Aquilo, ein nordöstlicher Wind, der weitgehend mit Boreas zu identifizieren ist. Wie Boreas zeugt er mit Oreithyia die Söhne Kalais und Zetes, er wohnt in einer Höhle des Haemus in Thrakien.[11][12]
Vitruv führt in seiner Windliste[13] neben Aquilo (NO) auch Boreas auf, als von NO um 15° nach Süden gedreht. Der Nordwind bei den Römern hieß Septentrio.
Literatur
- Konrad Wernicke: Boreas 2. In: Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft (RE). Band III,1, Stuttgart 1897, Sp. 721–730.
- Robert Böker: Boreas. In: Der Kleine Pauly (KlP). Band 1, Stuttgart 1964, Sp. 930.
- Leonhard Schmitz: Boreas. In: William Smith: Dictionary of Greek and Roman Biography and Mythology. Band 1, Little, Brown & Co, Boston 1870, S. 501 [1]
Siehe auch
Weblinks
Commons: Boreas – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
- Boreas im Theoi Project (engl.)
Einzelnachweise
- ↑ Hesiod Theogonie 378ff
- ↑ Pseudo-Apollodor Bibliotheke 3.199
- ↑ Apollonius Rhodius Argonautika 1.212
- ↑ a b Homer Ilias 20.219ff
- ↑ Claudius Aelianus de natura animalium 11.1
- ↑ Diodor Bibliotheke 5.50
- ↑ Platon Phaedrus 229
- ↑ Pausanias Beschreibung Griechenlands 1.19.5, 3.15.1-4
- ↑ Vergil Georgika 3.267ff
- ↑ Quintus von Smyrna Posthomerica 12.189 ff
- ↑ Ovid Metamorphosen 7,3
- ↑ Hyginus Mythographus Fabulae 14.
- ↑ Vitruv de architectura 1.6.9f
Kategorien:- Wind
- Griechische Gottheit
- Männliche Gottheit
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